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Bericht: >>Das Schwarzbuch. Der Genozid an den sowjetischen Juden<<

Die zweite Veranstaltung der von der Initiative Ilja Ehrenburg koordinierten Reihe fand am 9. November, dem Tag des Gedenkens an die Pogrome im faschistischen Deutschland 1938, in der Rostocker anderen buchhandlung statt. Gegenstand war die Sammlung von Dokumenten und Berichten über die Vernichtung der Juden in den von den faschistischen Aggressoren im Großen Vaterländischen Krieg besetzten Gebieten der Sowjetunion, die unter dem Titel >>Das Schwarzbuch<< von Schriftstellern zusammengetragen und von Ilja Ehrenburg und Wassili Grossman redigiert wurde. Prof. Heinz Deutschland, Historiker und zusammen mit seiner Frau Übersetzer des >>Schwarzbuches<<, gab eine Einführung in die Geschichte dieser Veröffentlichung. Er erwähnte Albert Einstein als ihren Ideengeber, sprach über die unterschiedlichen Vorstellungen Grossmans und Ehrenburgs von Art und Umfang der Beiträge und informierte über die verschiedenen Versionen des Buches, die nach dem Verbot seines Drucks in der Sowjetunion in verschiedenen Ländern herauskamen; die 1994 bei Rowohlt erschienene deutschsprachige Ausgabe war dank umfangreichen Studien und der Möglichkeit, auf das Archiv der Tochter Ehrenburgs zurückzugreifen, die erste vollständige. Danach kamen die Texte selbst zu Wort: Manfred Keiper, Inhaber der anderen buchhandlung, las Auszüge aus dem >>Schwarzbuch<< über das Massaker von Babi Jar im September 1941, die Ermordung der Juden von Berditschew, das Schicksal des Minsker Ghettos und mehrere erschütternde Einzelbeispiele für Demütigung und Vernichtung jüdischer Menschen, aber auch für Hilfe, die sie von Nichtjuden erhielten. Warum sich Ehrenburg nie als Verfasser des >>Schwarzbuches<< bezeichnete, vielmehr betonte, die deutschen Faschisten seien seine Autoren gewesen, fand hier seine sinnfällige Begründung.

Prof. Deutschland schloss mit einem Plädoyer: Wer die Umbenennung der Ilja-Ehrenburg-Straße betreibe, mache sich mitschuldig an einer Verfälschung der Geschichte und verhöhne die Opfer des faschistischen Völkermordes. Dieser Gedanke fand an diesem Tag einen besonderen Widerhall und prägte auch die sich anschließende Diskussion. Aus dem rund 60 Personen zählenden Publikum kamen engagierte Stellungnahmen und Fragen an die Stadt. Zur Sprache kam auch der jüdische Widerstand gegen faschistische Aggression und Genozid, der im >>Schwarzbuch<< an einigen Stellen widergespiegelt wird, aber als eines der in der Sowjetunion politisch missliebigen Themen weiterer Aufarbeitung bedarf. Die Veranstaltungsreihe wird auch hierzu beitragen.

Die eingeladenen Vertreter der Stadt (Oberbürgermeister Roland Methling, Präsidentin der Bürgerschaft Liesel Eschenburg und Senatorin für Kultur, Schule und Sport Ida Schillen) fehlten leider auch an diesem Abend, werden sich aber sicherlich demnächst Gelegenheit zur Teilnahme finden.

Die nächste Veranstaltung der Reihe >>Ilja Ehrenburg: Leben und Werk<< findet am 20. November um 20 Uhr in der Hochschule für Musik und Theater statt. Eveline Passet, Übersetzerin und Rundfunkautorin aus Berlin, spricht zum Thema >>Im Zerrspiegel der Geschichte. Deutsche Bilder von Ilja Ehrenburg<<. Studierende des Instituts für Schauspiel lesen Gedichte von Ehrenburg.