(wird noch durch einen zusammenfassenden Bericht über das Ostermarschwochenende in MV ergänzt)
Monty Schädel in Schwerin:
Atomausstieg und Friedensarbeit sind Handarbeit des Einzelnen! Wechseln, Blockieren und notfalls Sabotieren und Schottern!
Cornelia Mannewitz in Lubmin:
Von Aldermaston nach Lubmin: Anti-Atom-Bewegung und Friedensbewegung bei ihren gemeinsamen Wurzeln
Als die Katastrophe in Tschernobyl passierte, war ich in Moskau. Ich bin Slawist und hatte einige Wochen Forschungsaufenthalt bewilligt bekommen, um meiner zweiten Doktorarbeit den letzten Schliff zu geben. Zuerst hörte man gar nichts. Dann kam durchs Radio, es habe einen Zwischenfall im Atomkraftwerk Tschernobyl gegeben: Es habe dort gebrannt. Noch am 6. Mai ließ man die Friedensfahrt, damals das zweite bedeutende Radrennen der Welt, in Kiew starten, als sei nichts geschehen. Ein Jahr später habe ich in Kiew gearbeitet und ich habe von meinen Kollegen gehört, wie es war: Wie sie zur Arbeit gingen, als sei nichts geschehen, aber die Kinder schon aus der Stadt gebracht hatten, und sich nur privat miteinander über die Verstrahlung unterhielten, die ihnen Angst machte, vor allem, weil niemand etwas Genaues wusste. Es war die Zeit des Kalten Krieges – niemand wollte sich eine Blöße geben.
Was für ein verdammt kalter Frieden muss das sein, in dem eine ebensolche Informationspolitik heute um das Kraftwerk Fukushima möglich ist! Wie viele Wochen hat man gebraucht, um zuzugeben, welches Ausmaß die Katastrophe von Fukushima hat! Wie lange verbreitet man die Illusion, dieses Kraftwerk könne noch einmal in Betrieb genommen werden, wie sehr klammert man sich an den Wunsch, man könne noch immer Profit aus ihm schlagen! Und nebenbei haben inzwischen alle verstanden, dass ein kapitalistischer Reaktor genauso „schön“ hochgehen kann wie ein sozialistischer Reaktor.
Seit Mai 2010 gibt es einen internationalen Appell gegen Militärforschung an Hochschulen. Er wurde zum ersten Mal auf der NPT-Konferenz in New York vorgestellt – das ist die in regelmäßigen Abständen stattfindende internationale Konferenz zur Überprüfung des Atomwaffensperrvertrages - , wo 15.000 Menschen für nukleare Abrüstung demonstrierten. Einer der ersten Unterzeichner war der Bürgermeister von Hiroshima – sicher nicht von ungefähr.
Besonders viel für diesen internationalen Appell haben die Friedensaktivisten aus Karlsruhe getan. In Karlsruhe wurden gerade das Kernforschungszentrum und die Universität Karlsruhe zum Karlsruher Institut für Technologie, kurz KIT, verschmolzen. Aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe kam übrigens der Atommüll, der letztens nach Lubmin transportiert worden ist. Dieses Institut weigert sich bisher, eine Zivilklausel in seine Satzungen aufzunehmen. Eine Zivilklausel ist eine freiwillige Verpflichtung einer Hochschule, keine Militärforschung zu betreiben. Es wird weiter verhandelt, aber es ist nicht leicht. Man kann ja viel zu gut verdienen ohne eine solche Verpflichtung. Viel zu verlockend sind die Rüstungsforschungsaufträge, besonders heute, wo Hochschulen ihre Forschung zu großen Teilen selbst bezahlen müssen. Genauso gut lässt es sich an der Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke verdienen und dieselben Verdienstinteressen sind es auch, in deren Namen heute auf Libyen Uranmunition verschossen wird, um das Land interventionsreif zu bomben oder zu spalten.
Widerstand kann viel bewirken. Das haben wir beim Bombodrom gesehen. Dort sollte übrigens auch der so genannte Schulterwurf mit taktischen Atomwaffen geübt werden. Daraus wird nun nichts. Das ist ein großer Erfolg der Friedensbewegung. Aber es ist auch dort nicht leicht. Die Bundeswehr kontrolliert dieses Gelände immer noch und behauptet, es sei noch kontaminiert und die Sicherheit nicht gewährleistet. Andererseits bemüht sich auch niemand, diesen Zustand zu beenden. In diesem Jahr findet dort kein Ostermarsch statt, wie wir ihn aus allen vergangenen Jahren kennen. Aber die Idee wird überallhin weitergetragen.
Viele Friedensaktivisten haben ihr „Handwerk“ bei Anti-Atom-Protesten gelernt:
. auf dem ersten Ostermarsch 1958 von London zum Kernforschungszentrum Aldermaston
. oder beim Sammeln von Unterschriften unter den Stockholmer Appell des Weltfriedensrates für die Ächtung der Atombombe und das Verbot des Ersteinsatzes von Atomwaffen
. oder bei Protesten gegen den NATO-Doppelbeschluss und die Stationierung der Pershings auf dem Territorium der Bundesrepublik Deutschland 1979 bis 1983
. oder in Büchel, wo als Objekte der nuklearen Teilhabe im Rahmen der NATO auf deutschem Boden Atomwaffen und bunkerbrechende Taurus-Raketen lagern und wo Aktivisten immer wieder die Zäune zerschneiden, auf das Gelände gehen und sich dafür anklagen und verurteilen lassen.
Wenn zu Ostern Friedensbewegung und Anti-Atom-Bewegung zusammen demonstrieren, sind beide wieder bei ihren Wurzeln. Es wird viel Kraft kosten, unsere Anliegen durchzusetzen. Aber wir demonstrieren hier heute zusammen. Das ist gut und das soll auch so bleiben.
Atomkraftwerke abschalten – sofort!
Für eine friedliche Forschung!
Atomwaffen verschrotten!
Zusammen gegen alle Widerstände für eine friedliche, gesunde, solidarische, lebenswerte Welt!
Danke schön!
Informationen zum Treck:
http://lubmin-nixda.de/
http://www.tschernobyl25.de/